Der Teufel und das Weihwasser

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In der traditionellen Logik gibt es den Terminus der contradictio in adjecto. Gemeint ist damit der Widerspruch innerhalb eines Begriffs: Wenn Subjekt und Prädikat sich widersprechen, die Rede etwa von einem runden Quadrat oder einem sterblichen Stein ist. So verhält es sich auch, wenn man die Wörter Facebook und Ethik zusammen in einen Satz packt. Um es theologisch zu formulieren passt Facebook zur Ethik wie der Teufel zum Weihwasser.

Wie aber nun kommt ein Konzern, dessen Geschäft darin besteht, die Unwahrheit zu verbreiten, seine Kunden auszuhorchen und zu hintergehen und die Steuerbehörden aller Länder systematisch um Milliardenbeträge zu prellen, – wie kommt ausgerechnet Facebook dazu, einen Lehrstuhl für Ethik zu finanzieren? Genauer: An der renommierten Technischen Universität München für sechseinhalb Millionen Euro ein „Institut für Ethik in der Künstliche Intelligenz“ einzurichten?

Die Universität, die sich schon im letzten Jahr vom Lidl-Gründer Dieter Schwarz 20 Professorenstellen für Wirtschaft schenken ließ, sieht darin kein Problem. Ihr scheint egal, wie und von wem sie Geld bekommt. Hauptsache, die Unabhängigkeit der Forschung am neuen Institut ist gewährleistet. Das behauptet sie jedenfalls. Einblick in die Verträge mit Facebook will sie allerdings nicht geben. – In Anbetracht der Unterfinanzierung der Forschung an den Universitäten und deren zunehmender Abhängigkeit von sogenannten Drittmitteln scheint ein solcher Pakt mit dem Teufel noch einigermaßen ethisch rechtfertigbar. Aber hätte man nicht auch einen Blick auf die möglichen Motive von Facebook werfen müssen, gerade in „Ethik“ zu investieren?

Preiswerter als für die für Facebook mit einem Jahresgewinn  von fünf Milliarden Dollar absolut lächerliche Summe von sechseinhalb Millionen kann man Forschungsergebnisse aus deutschen Universitäten nicht abzapfen. Und wenn demnächst in München mit wissenschaftlicher Präzision die Erkenntnis zutage gefördert wird, dass beispielsweise die auf Künstlicher Intelligenz beruhende Technik der Gesichtserkennung ethisch vertretbar ist: Wäre das nicht gleichzeitig auch ein schöner Beitrag dazu, die Kritik an Facebook, das sich ja intensiv mit dieser Technik beschäftigt, zu neutralisieren? Und überhaupt, dass nun in Zukunft die wissenschaftliche Erforschung ethischer Grundsätze bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz mit dem Namen Facebook in Verbindung gebracht wird: Eine bessere PR für das Verantwortungsbewusstsein von Facebook kann es kaum geben.

Der beste Trick des Teufels ist ja bekanntlich, die Behauptung in die Welt zu setzen, es gäbe ihn gar nicht. Sein zweitbester der, mit dem Weihwasser ein Pakt einzugehen.

WDR 3 Mosaik 24. Januar 2019