Alles Bimbes oder was? Keine neue Parteispenden-Affäre

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Die Nachricht, dass die Partei der Grünen mit einer privaten Spende von einer halben Millionen Euro bedacht wird, – der höchsten Spende in der Parteiengeschichte, schlägt eine hohe Welle nicht nur im politischen Berlin. Beim Wort Spende spitzt der Citoyen seine Ohren. Seit der Flick- und der Kohl-Affäre haftet den Parteispenden der Hauch des Verruchten an. Nämlich der Verdacht, dass Politik käuflich sei. Deshalb ist die Kritik des Transparency International Deutschland-Chefs Hartmut Bäumer, selbst Grünen-Mitglied, an dieser Spende wohlfeil. Ebenso sein Vorschlag Spenden auf 50.000 Euro jährlich zu deckeln. Denn Spenden sind das geringste Problem des  Lobbyismus.

„Bimbes“ nannte der größte Spendensammler der Bundesrepublik, Helmut Kohl, das Geld, das ihm von schwarzen CDU-Konten in Millionenhöhe zur eigenen Verfügung zufloss. Es stammte aus illegalen Parteispenden, die auf Schweizer Konten weiß gewaschen worden waren. „Bimbes“ ist in Rheinland-Pfalz ein Wort für einen Brotaufstrich aus Birnen. Kohl verwandte es nicht etwa deshalb für Geld, weil er den Beinamen „Birne“ trug, sondern weil er damit schmieren konnte. Keine Brote, sondern den Parteiapparat, um ihn sich gefügig zu halten.

Schon mit der Flick-Affäre Ende der 1980er Jahre waren Parteispenden in den bis heute anhaltenden üblen Geruch politischer Korruption gelangt. Etliche Bundespolitiker – unter ihnen übrigens auch schon Helmut Kohl – hatten sich mit hohen Spenden an ihre Parteien bestechen lassen, um dem Flick-Konzern eine knappe Milliarde DM Steuern zu ersparen. – Die Bundesrepublik reagierte auf diese beiden Skandale im Jahr 2002 mit einer Novelle des Parteiengesetzes. Danach müssen Spenden von über 50.000 Euro unverzüglich öffentlich gemacht, Spenden darunter und bis zu 10.000 Euro im Rechenschaftsbericht der Parteien aufgeführt werden.

Seit der Verabschiedung dieses Gesetzes hat es in Deutschland keinen größeren Parteispendenskandal mehr gegeben. Spenden an die Parteien fließen regelmäßig, meist wohl legal, jedenfalls im Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit. Und eher dünn. Im Schnitt nie mehr als 15 Prozent der Parteienfinanzierung kommt in den letzten Jahren über Spenden herein. Den größten Batzen für ihr Funktionieren und ihre Wahlkämpfe stellt der Staat den Parteien zur Verfügung. – Trotzdem hält sich der durch die großen Parteispenden-Affären in die Welt gesetzte Glaube, das Handeln der Politiker werde durch Parteispenden beeinflusst.

Natürlich ist nicht auszuschließen, dass im vergangenen Jahr die Großspenden in Höhe von mehr als einer Million Euro aus der Immobilienbranche an die CDU mit dafür gesorgt haben, dass sich diese Partei für eine kontraproduktive Absurdität wie das „Baukindergeld“ stark machte. Doch zu glauben, die Millionen der BMW-Erben-Familien Quandt und Klatten an die CDU hätten die Auto- und Abgasfreundliche Politik der Kanzlerin beeinflusst, ist eher ein frommes Ammenmärchen. Deutsche Politik ist nun einmal Autopolitik.

Insofern geht das Gezeter von Transparency International Deutschland um die Halbe-Million-Euro-Spende an die Grünen ziemlich an der Sache vorbei. Spenden einzuwerben gehört nun mal zum Geschäft der Parteien, wollen sie nicht vollständig am Staatstropf hängen. Auch klingt die Idee von Transparancy und der „Linken“, durch die Deckelung von Parteispenden künftig den Lobbyismus eindämmen zu wollen, ziemlich naiv. Als wenn sie nicht wüssten, dass Lobbyismus heute gar nicht mehr über Parteispenden läuft. Sondern so, dass statt der Parlamentarier die Lobbyisten selbst die Gesetzestexte schreiben.

WDR 3 Mosaik 19. Februar 2021