Die Marke Greta

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Jim Fitzpatrick, der irische Grafiker, der aus einem Foto Che Guevaras die millionenfach reproduzierte schwarz-rot stilisierte Ikone „Che“ machte, erzählt, dass er in Los Angeles einmal einem jungen Mann begegnete, auf dessen Tasche „sein“ Bild von Che prangte. Er sagte zu ihm: „Nette Tasche. Wer ist der Kerl?“ Der junge Mann antwortete: „Keine Ahnung. Aber er sieht cool aus, oder?“

Dass in fünf oder zehn  Jahren dem stilisierten Konterfei Greta Thunbergs ähnliches widerfahren kann, wurde schon länger vermutet und ist jetzt um einiges wahrscheinlicher geworden. Wer sich als Marke schützen lässt, sorgt dafür, dass er tatsächlich auch zur Marke wird. Zu einem Label, das sich zum Zwecke des Gelderwerbs auf alles Mögliche kleben lässt. Mit dem Etikett „Greta“ oder „Fridays for Future“ – „FFF“ – wird jetzt schon unlauterer Wettbewerb betrieben. Das rechtfertigt den Schritt der Klimaschutz-Bewegung. Denn der Weg vom T-Shirt oder der Teetasse zum elektrisch betriebenen SUV mit dem „FFF“-Aufdruck ist nicht weit.

Naiv, wenn nicht unglaubwürdig mutet dagegen die Behauptung Greta Thunbergs an, sie verfolge mit dem Markenschutz keine kommerziellen Absichten. Denn ihr bzw. ihrer Co-Antragstellerin O’Keefe müsste bekannt sein, dass ein dauerhafter Markenschutz nur möglich ist, wenn man Produkte oder Dienstleistungen der geschützten Marke tatsächlich auch selbst kommerziell vermarktet: Wenn sie demnächst nicht T-Shirts, Plüschbären oder Geldbörsen mit der Aufschrift „Greta“ oder „FFF“ verkaufen, dürfen es andere. Also auch solche, die mit dem Gedanken der Klimarettung überhaupt nichts am Hut haben.

Doch auch wenn sich mit der FFF-Aufschrift auf Teetassen und T-Shirts Geld verdienen lässt: Mit Scheinheiligkeit hat dieser Schritt des Markenschutzes nichts zu tun. Viel mehr mit den ehernen Gesetzen des kapitalistischen Verwertungsprozesses. Und damit, dass sich ihnen nichts, aber auch gar nichts entziehen kann. Immer und immer werden alle Proteste, die sich ihm auf noch so radikale Weise entgegen stemmen, so  vereinnahmt, dass dessen kritische Energie am Ende verpufft. Übrig bleiben ein paar „subversive“ Werbegags.

Dagegen, dass sich Greta Thunbergs klimakritische Bewegung dem nun juristisch zu widersetzen versucht, ist nichts einzuwenden. Abgesehen davon, dass es ein bloß gut gemeinter Versuch ist. Denn er kann aus den beschrieben Gründen nach hinten los gehen. Könnte dafür sorgen, dass sich die Person Greta von ihrer Botschaft noch weiter ablösen wird, als das bisher schon durch mediale und politische Vereinnahmungsversuche und Umarmungsstrategien geschah. – Notwendiger als Markenschutz wäre eine stärkere politische Profilierung der Fridays-for-Future-Bewegung: Klar zu machen, dass es ohne System- keinen Klimawandel geben kann.

Jim Fitzpatrick übrigens, den Erfinder der Che-Guervara-Ikone, haben die Marken-Rechte daran nie interessiert. Er sagte, es sei ihm egal, wer daran Geld verdiene. Hauptsache, Che werde mit Respekt behandelt. Denn Che, sagt er, war kein Konsument, sondern ein Revolutionär.

WDR 3 Mosaik 3. Februar 2020