Verlagsfreiheit

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Die wegen ihrer Nähe zur völkischen Rechten vom S.Fischer-Verlag geschiedene Autorin Monika Maron nimmt jetzt Hoffmann&Campe unter Vertrag. Geht es dem um eine Belebung des „demokratischen Diskurses“ oder um ein Gewinn versprechende Auflage?

In einem Rechtsstaat steht die Vertragsfreiheit unter einem besonderen verfassungsrechtlichen Schutz: Beide Parteien können Abschluss und Inhalt des Vertrages frei gestalten, es sei denn er sei gesetzes- oder sittenwidrig. Und da hier beides nicht der Fall ist, kann es auch kein Meckern geben, wenn der Verlag Hoffmann&Campe mit der Schriftstellerin Monika Maron handelseinig wurde und er ihre Bücher in Zukunft bei sich veröffentlicht. Es ist ein im Kapitalismus völlig normaler Vorgang: Trennt sich ein Verlag von seiner Autorin, kommt ein anderer, vorausgesetzt, die Auflage stimmt. Und damit wird zu rechnen sein bei dem Wirbel, den die von Maron als „Rausschmiss“ bezeichnete Trennung vom S.Fischer-Verlag verursachte.

Natürlich begründet der neue Verleger Tim Jung die Übernahme nicht mit den an ihre Bücher geknüpften Gewinnerwartungen. Verleger empfinden sich als Geistes- und Kulturträger und geben sich deshalb ungern als profitgierige Kapitalisten. Vielmehr feierte er den Vertragsabschluss mit Monika Maron mit den Worten, sie gebe mit ihrem Werk dem „gesellschaftlichen Diskurs, der für eine lebendige Demokratie unabdingbar ist, immer wieder wichtige Impulse“. Welcher Art diese Impulse sein werden, kann man jetzt schon erahnen, auch ohne einen Blick ins Manuskript ihres jetzt bei Hoffman&Campe erscheinenden Essaybandes „Was ist eigentlich los?“ geworfen zu haben.

Vor ein paar Tagen führte sie mit dem den „Untergang des Abendlandes“ prophezeienden belgischen Althistoriker David Engels auf einem Facebook Livestream ein Autorengespräch. Darin sprach sie wie schon in ihren bisherigen Essays von der durch die „Aufrüstung“ des Islam heraufbeschworenen Gefahr für „unsere universalen Werte“. 

Und sie redete wieder von der „Deutungsmacht“ der Medien, die alle unbequeme Meinungen diffamiere und statt dessen „Gender- und Klimawahn“ verbreiteten. – Nun kann man solche Äußerungen als legitime Positionen innerhalb eines freiheitlichen Meinungsspektrums betrachten. Die Freiheit einer unangepassten Meinung hat Monika Maron schon immer, auch in der DDR, für sich reklamiert.

Jetzt aber teilt sie ihre diffuse Opposition gegen liberale Meinungen mit dem  Lager der sogenannten „Rechtsintellektuellen“ um den Antaios-Verlag. Monika Maron hat sich dem Ansinnen ihres alten, des Fischer- Verlags, verweigert, sich von den dort vertretenen völkischen und rassistischen Positionen zu distanzieren. Wie bitte aber sollen mit solchen Positionen die vom Neuverleger Tim Jung versprochenen „wichtigen Impulse“ in den demokratischen Diskurs gegeben werden? In dem geht es um den freien Streit von Meinungen, die sich gegenseitig anerkennen. Dem völkischen Rechtspopulismus ist dieser Liberalität zutiefst fremd. Allenfalls missbraucht er die Meinungsfreiheit zur Abschaffung der Meinungsfreiheit.

Hoffmann&Campe war der Verlag des glühenden Republikaners Heinrich Heine. Von dem stammt der Spruch, dass die Freiheit der Meinung voraussetzt, dass man eine hat. Um im Verlagsgeschäft Geld zu verdienen, scheint es aber mittlerweile so zu sein, dass es besser ist, keine zu haben. 

WDR 3 Resonanzen 10. November 2020