Wasserburgen in NRW. Folge 3: Schloss Horst in Gelsenkirchen

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Dass das Ruhrgebiet nicht nur ein Industriestandort ist, sondern auch ein vielgestaltiges westfälisches Kulturgebiet mit einer weit zurückreichenden Schlösser-Tradition, bleibt dem Besucher oft verborgen. In Gelsenkirchen Horst beispielsweise das frühere Renaissance-Schloss Horst zu finden, ist trotz der Größe des heutigen Baus im Schnellstraßengewirr nicht leicht. Das liegt auch daran, dass es das alte, von einem großen Park umgebene Renaissance-Schloss gar nicht mehr gibt. Aufgrund des ungeeigneten Baugrundes begann es bereits im 18. Jahrhundert zusammenzubrechen, im 19. Jahrhundert krachte schließlich ein Eckturm nach dem anderen ein. Bis sich dann 1985 ein Förderverein gründete, der dafür sorgte, dass die Stadt Gelsenkirchen die Anlage kaufte. Mit Landesmitteln entstand dann das heutige Gebäude, – eine gelungene Kombination von moderner Architektur und historischer Rekonstruktion. Es beherbergt nicht nur ein Museum und einen Konzertsaal, sondern auch Teile der Gelsenkirchener Stadtverwaltung.

(Dörte Hilda Rotthauwe) Hier können Sie dann selber Hand anlegen und bisschen dengeln und ausprobieren, wie man früher mit den Werkzeugen umgegangen ist.

Schloss Horst in Gelsenkirchen beherbergt ein Erlebnis- und Mitmachmuseum. Die Leiterin Dörte Hilda Rotthauwe führt von Station zu Station.

(Dörte Hilda Rotthauwe) Hier können Sie zum Beispiel sich eine Schieferplatte nehmen – wir sind jetzt beim Leyendecker, also beim Schieferdecker, der das Dach gemacht hat, und es gibt ein extra Schieferhammer dazu und dann können Sie selber ausprobieren, ob Sie den Schiefer richtig behauen können. – Der erste große Teil des Museums befindet sich in den Kellergewölben von Schloss Horst und da geht es um die Baustelle Schloss Horst. Wie hat man eigentlich so ein Schloss gebaut? Wer hat daran teilgenommen? Welche Handwerker hat es gegeben? Welches Material gab’s dazu? Und das Interessante ist, dass der Erbauer von Schloss Horst, Rütger von der Horst, der hat ein Rechnungsbuch geführt, wo der aufgeschrieben hat, welche Handwerker er eingestellt hat, welche Materialen er gekauft hat, wo er diese Sache gekauft hat und dergleichen mehr. Das ist also eine Reise-Fundgrube zum Leben in der Renaissance.

Zum genannten Datum 11. April 1516 habe ich Henrich und den vorgenannten Lambert wiederum eingestellt um bei von mir gestellter Verpflegung Kalk zu beschlagen. Und jeder soll zusätzlich zur Kost täglich drei Weißpfennige verdienen und dazu sollen sie täglich ein Fass von zwei Quart voll Bier haben. Und wenn sie den ganzen Sommer gedient haben, jeder von ihnen ein Paar Schuhe.

(Dörte Hilda Rotthauwe) Und überall liegen hier Sachen, man kann sich anziehen, man kann Kleidungsstücke anziehen, die hier parat liegen oder Holzklumpen, also Holzschuhe, die man anziehen kann.

(Besucher-Kind) Also ersten das Schloss hier finde ich schön, und das ist ja auch richtig schön ausgebaut, finde ich. Also ich habe ein paar Sachen ausprobiert, was man hier hochheben kann. Ich habe die flauschige Maus angefasst, ich hab mich aufs Bett gelegt, die Kissen, die waren jetzt nicht so weich, aber trotzdem…

Schloss Horst wurde im 16. Jahrhundert auf einer ehemaligen Hofstelle im westfälischen Emscherbruch errichtet. Die damaligen Bewohner gingen dem Fang der hier beheimateten Wildpferde, der sogenannten Emscherbrücher Dickköppe, nach. Diese Tradition der Pferdewirtschaft zeigt noch sich in den Wappen des Rittergeschlechts der Herren von Horst, die im 16. Jahrhundert auf der Hofstelle ein vierflügeliges, schmuckreiches Schloss im Stil der sogenannten Lipperenaissance errichten ließen. Doch war dem Bau keine lange Geschichte beschieden, schon im 18. Jahrhundert musste man große Teile wegen Einsturzgefahr abreißen.

(Sandra Nienhaus) Das Problem war schlicht und ergreifend einfach der Boden, das ist auf Sandboden gebaut worden, das wusste man damals noch nicht so genau.

Sandra Nienhaus ist die Vorsitzende des Fördervereins Schloss Horst.

(Sandra Nienhaus) Dadurch sind im Laufe der Zeit die Türme nach und nach eingestürzt. Es war natürlich nicht möglich für eine Familie alleine, dieses Schloss zu restaurieren und auch zu erhalten, so dass der Verein Schloss Horst dann auch mit viel Engagement seit 1985 versucht hat, das Schloss in öffentliche Hand zu bekommen, was uns ja dann auch gottseidank gelungen ist. So dass das Schloss – die Teile, die noch erhalten waren und gerettet werden konnten, und in Kombination mit Moderne wiederaufzubauen, und heute einen ganz tollen Ort wieder herzustellen.

Tatsächlich ist in Gelsenkirchen durch die Initiative des Fördervereins Schloss Horst eine gelungene Kombination von funktionaler moderner Bauweise und der historischen Rekonstruktion der Reste des Renaissancebaus gelungen: Den früheren Schlosshof überspannt nun eine große Glaskuppel, durch die man das eigentliche Gebäude betritt.

(Dörte Hilda Rotthauwe) Von dem alten Schloss ist eigentlich nur noch ein Gebäude übriggeblieben, der Eingangsflügel, in dem wir jetzt sind. Es ist ja ein öffentliches Gebäude und die Stadt Gelsenkirchen hat hier in Schloss Horst das gesamte Standesamt der Stadt Gelsenkirchen untergebracht und dann gibt es hier noch die Bezirksvertretung und die Stadtteilbibliothek, – denn wir haben vor dem Schloss noch die Vorburg, wir haben dort noch ein weiteres Museum – die historische Druckwerkstatt.

(Sandra Nienhaus) Dann gehört eigentlich seit der Eröffnung das Barockensemble Caterva Musica fest zum Schloss dazu – und natürlich der Förderverein Schloss Horst. Das Barockorchester spielt regelmäßig hier in der Glashalle von Schloss Horst, das nächste Konzert gibt es am 31. August.

WDR3 Mosaik 13. August 2025