Die „special relationship“, mit der Großbritannien und die USA angeblich verbunden sind, ist inzwischen eine brüchige Angelegenheit geworden. Tatsächlich eng konnten im Laufe der Geschichte die Beziehung des Mutterlandes zu seinen 13 Kolonien, die sich 1776 in einem langen Krieg von Großbritannien unabhängig machten, selten werden. Erst während der beiden Weltkriege fand man zu einer einigermaßen vertrauensvollen Zusammenarbeit zusammen. Die aber wird nun besonders durch die Zollpolitik des amerikanischen Präsidenten in Frage gestellt. – Man kann deshalb die Einladung des britischen Premiers Keir Starmer an Donald Trump als einen besonders trickreichen Versuch sehen, dem Amerikaner durch Schmeicheleien Zugeständnisse zu entlocken.
Keir Starmer, der britische Premier, hat sich bei der Einladung des US-amerikanischen Präsidenten augenscheinlich Hans Christian Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleider zum Vorbild genommen und beweist: Wenn man den eitlen Mächtigen nur ordentlich Zucker in den Hintern bläst, werden sie blind und man kann darauf bauen, dass sie sich dann bestens abzocken lassen.
Als Starmer im Februar Washington besuchte, wird er aufmerksam die ersten Veränderungen beobachtet haben, die Donald Trump im Oval Office vornehmen ließ. Denn Trump vergoldet hier alles, was niet- und nagelfest ist, von den Bilderrahmen und Spiegeln über die Möbelbeschläge und Türrahmen bis hin zu den Lampenständern. Sogar die TV-Fernbedienung ist vergoldet – vom goldenen Briefbeschwerer mit TRUMP-Schriftzug ganz zu schweigen. Und dass der US-Amerikaner eine Vorliebe fürs Royale hat, er vielleicht gerne selber ein König wäre, ist dem schlauen Starmer sicher auch nicht entgangen.
Also zauberte er eine Einladung zum Staatsempfang in Großbritannien aus seiner Jackettasche. Trump war sicher damals schon gebauchpinselt, denn damit ist er der erste US-Präsident, der zwei Mal zum Staatsbesuch in London eingeladen wird. Und siehe da: Zwei Monate später, Anfang Mai, ließ sich Trump mit Großbritannien als erstem Land auf einen Zoll-Deal ein. – Starmer wird sicher noch viele weitere Deals im Auge gehabt haben: Er hat Trumps Besuch nicht wie den eines demokratischen Präsidenten, sondern wie den eines Königs arrangiert.
Der raffinierteste Schachzug ist, dass Trump nicht, wie sonst bei Staatsempfängen üblich, im Buckingham-Palast empfangen wird, sondern auf Schloss Windsor, dem Hauptsitz des britischen Monarchen. Und zwar nicht vom britischen Premier, sondern zumindest von König Charles III. – Königin Camilla hat eine Nasennebenhöhlenentzündung und musste gestern schon eine Trauerfeier absagen. Erst am zweiten Tag des Besuches, am Donnerstag, trifft der US-Amerikaner den englischen Premier in dessen Landsitz Chequers. Es mag ein Zufall sein, dass Buckingham-Palast wegen Renovierungsarbeiten gerade nicht zur Verfügung steht, – aber wer weiß, – vielleicht ist auch das von langer Hand geplant?
Ganz sicher kein Zufall ist, dass ausgerechnet der überaus glamourösen Prinzessin Kate, der Frau des Thronfolgers Prinz William, das komplette Protokoll des ersten Besuchstages übertragen wurde. Und Kate weiß offenbar genau, was Donald I. und Melania bei den Royals zu schätzen wissen. Denn im Mittelpunkt des Programms auf Schloss Windsor steht eine Prozession von vergoldeten Kutschen durch den Park – auf die Straße geht es leider nicht, denn dort warten ja Tausende von Anti-Trump-Protestierern.
Am Abend treffen dann König Charles und der Amerikaner bei einem Bankett aufeinander. Vom Wortlaut der dabei vorgesehenen Rede des Königs ist bisher nichts bekannt. Bekannt ist nur, dass er den Besuch des Möchtegern-Royals aus den USA hartnäckig hinauszuzögern suchte: Charles III. wollte abwarten, bis Trump seine imperialistischen Pläne aufgegeben hat, Kanada zum 51. Bundesstaat der USA zu machen. Schließlich hat Kanada schon einen König. Und das ist immer noch Charles III.
WDR3 Mosaik 17. September 2025