Heute vor hundert Jahren, am 22. Oktober 1925, eröffnete in Paris eine Ausstellung mit dem Namen „Exposition internationale des Arts Décoratifs et industriels modernes“. Gezeigt wurden Mode und Gebrauchsgegenstände und Entwürfe der führenden internationalen Couturiers, Designer und Schreiner. Es war nicht die allerneueste Stilrichtung, bereits kurz nach der Jahrhundertwende hatten sich schon die Elemente eines neuen, sich vom Jugendstil abgrenzenden Design-Stils entwickelt. Jetzt gab ihm diese Ausstellung einen Namen: Art décortif, kurz Art Déco. – Aus Anlass des 100jährigen Geburtstags eröffnet heute im Pariser Musée des Arts Décoratifs eine gleichnamige Ausstellung – sie dauert bis zum 26. April 2026. – Wer keine Zeit hat, hinzugehen kann auch in einem schönen kleinen Laden namens PAN auf der Kölner Pfeilstraße vorbeischauen, in dem es fast ausschließlich Art-Déco-Sachen gibt.

https://madparis.fr/Forthcoming-exhibitions
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr/westart/audio–jahre-art–deco-100.html
(Gabriele Martin) Die Fenster guck ich immer an, ich find‘s ganz wunderbar: Das ist so zeitlos, und in der heutigen Zeit gibt es so viel Schrott. Und wenn man dann diese wunderbaren Sachen sieht und auch zu Hause hat, – das ist ja für immer!
Ja, vor dem Art-Déco-Laden namens PAN in der Kölner Pfeilstraße kann man, so wie die Stammkundin Gabriele Martin, schon ins Träumen kommen.
Und geradezu ins Schwärmen gerät man, wenn Marion Stickan, die Inhaberin, einem ihre Lieblingsstücke präsentiert.
(Marion Stickan) Schauen Sie, ich habe eine ganze Menge an originalen Schmucksachen, überwiegend 20er und 30er Jahre. Es gibt auch mal ein Stück dabei, was aus den 40ern oder 50ern ist, es gibt auch mal ein Stück aus dem Jugendstil, aber das Wesentliche ist 20er und 30er Jahre – und immer im Original! Ganz viel hab‘ ich an Bakelit, der Schmuck ist meistens Galalith, der erste Kunststoff, den es gab. Das war damals was ganz Neues, wie zum Beispiel dieses Collier, das ist ein ganz frühes und perfekt im Zustand. Das ist mir immer das Allerliebste.
Die Verwendung neuester synthetischer Werkstoffe wie das tiefschwarze Bakelit oder das elfenbeinfarbene Galalith ist eines der Kennzeichen der in den 1920er Jahren in Mode gekommenen Stilrichtung des Art Déco: Hier behauptet sich – ebenso wie im parallel entstandenen „Bauhaus“ – die Moderne! Gleichzeitig aber überlebt hier –im Unterschied zum Bauhaus – auch das aus dem Jugendstil übernommene Ornamentale, wenn auch in weniger verspielter, geradlinigerer Gestalt.
(Romana Rebbelmund) Art Déco ist eine Sammel-Bezeichnung, wo ich sagen würde, ganz typisch sind abstrakte geometrische Elemente.
Romana Rebbelmund ist Kuratorin für modernes Design im Museum für Angewandte Kunst in Köln.
(Romana Rebbelmund) Da kommen viele Elemente zusammen: Genau in dieser Zeit wird ja das Grab des Tutanchamun entdeckt, 1922, und das führt natürlich auch dazu, dass die Ornamentik übernommen wird, wenn wir zum Beispiel an Flügel denken, diese geflügelten Figuren, die typisch sind für Art Déco, das hat sehr viel mit Tutanchamun zu tun. – Das Exotische, das war ganz, ganz wichtig im Art-Déco, weil das Exotische natürlich auch wieder etwas mit schönen Oberflächen zu tun hat.
(Marion Stickan) Und dann hab‘ ich natürlich sehr viele Lampen. Also Licht ist auch eine Leidenschaft, neben dem Schmuck, von mir. Und dann liebe ich eigentlich die französischen Sachen am meisten, die gefallen mir am allerbesten, und deswegen habe ich davon auch so viel. – Das ist eine wunderschöne Lampe von Daum aus Nancy, das war eine hochwertig arbeitende Manufaktur, sieht man auch in vielem Ausstellungen, die haben dieses Patelaire und Glaspasten-Arbeiten gemacht. – Viele Kleinmöbel. Ich habe ja nur noch einen kleinen Laden, deswegen habe ich heute nur noch kleine Möbel. Viele Servierwagen, Garderoben, Spiegel, Rahmen. Kleinmöbel wie gesagt, hier eine wunderschöne Makassar, eine französische kleine Kommode.
„Neue Designs werden niemals für die Mittelklasse gemacht. Sie entstehen auf Nachfrage einer Elite, die dem Künstler Geld und Zeit gibt für die arbeitsreiche Recherche und die perfekte Ausführung“. – Sagte Jacques-Émile Ruhlmann, der berühmteste der französischen Art-Déco-Möbeltischler in den 1920er Jahren, der ausschließlich wertvollste Einzelstücke anfertigte. So ist ein weiteres Merkmal des Art Déco das Mondäne, – wer denkt dabei nicht an die fließenden Kleider, die luxurösen Innenausstattungen der Zeit, in der „Der große Gatsby“ spielt?
(Romana Rebbelmund) In den USA ist ja besonders dieses stromlinienförmige Design, das zählt zum dortigen Art-Déco, zum american modern, und wenn Sie da denken an diese windschnittigen Züge, z. B. Norman B. Gettys hat einen solchen Zug ja auch entworfen, und der ist stromlinienförmig. Aber die Innenausstattung ist dann unwahrscheinlich luxuriös.
(Marion Stickan) Diese Sachen, die ich hier so habe, das war nie für ein sehr breites Publikum, sondern das war… auch die Kunden, die heute zu mir kommen, sind eigentlich Leute, tja, mit etwas besser gestellten Einkommen, viele Künstler, Architekten, Designer, Modeleute, Schauspieler habe ich eine ganze Menge. Ich hatte sogar mal früher, ist schon lange her, Anthony Quinn hier (lacht) das war mir eine ganz besondere Ehre. Er hatte unbedingt ein Geschenk für seine Frau hier aussuchen wollen, das war amerikanischer Modeschmuck (lacht).
WDR3 Westart 22. Oktober 2025