Nicola Upson: Tödliche Sommerfrische. Krimi. Aus dem Englischen von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck. Kein und Aber-Verlag. 448 Seiten. 19 Euro
Die britische Kriminalschriftstellerin Nicola Upson lässt eine andere britische Kriminalschriftstellerun, Josephine Tey, wieder auferstehen und einen komplizierten Mord an einem Hollywood-Star aufklären. Dass ausgerechnet Alfred Hitchcock dabei auch eine Rolle spielt, macht die Sache zu einem Clou. – Intertextuelle Kriminalromane sind rar. Das hier ist einer. Denn seine Heldin, Josephine Tey, ist selbst eine Kriminalschriftstellerin. Und zwar eine, die wirklich lebte und die neben Agatha Christie zu den berühmten Queens of Crime gehörte. Nicola Upson hat sie wieder auferstehen lassen und eine ganze Serie von Kriminalromanen geschrieben, in denen Josephine die nach klassischem Muster gestrickten Kriminalfälle sozusagen in eigener Sache aufzuklären hat. In diesem vierten Fall, der „Tödlichen Sommerfrische“, kommt ein weiterer quasi intertextueller Gimmick hinzu: Alfred Hitchcock persönlich verhandelt mit Josephine Tey über die Verfilmung ihres jüngsten Romans. Nicola Upson porträtiert ihn als einen so verschlagenen Burschen, dass man ihn bald schon zum Kreis der Verdächtigen zählt.
Portmeirion ist ein von einem Architekten in den 1920er Jahren nach italienischem Vorbild neu erschaffenes Dorf an der Küste von Wales. Ein so idyllischer Ort, dass schon viele Stars – von Ingrid Bergmann bis Paul McCartney – zu seinen Gästen gehörten. Nicola Upson macht es zum liebevoll beschriebenen Schauplatz und heimlichen Hauptdarsteller ihres vierten Romans mit der Heldin Josephine Tey. Die reale, 1952 verstorbene schottische Schriftstellerin Josephine Tey gehörte neben Agatha Christie zu den „Queens of Crime“.
Die in Nicola Upsons Roman zur Fiktion gewordene Josephine will im Jahr 1936 in Portmeirion ihren 40. Geburtstag feiern. Nicht ganz zufällig begegnet sie dort Alfred Hitchcock und seiner umfangreichen Entourage. Denn Hitchcock möchte gern einen ihrer Romane als Filmvorlage benutzten. Die Gespräche der beiden darüber gehen allerdings ein bisschen im Trubel unter, den „Hitchs“ Gesellschaft in Portmeirion inszeniert.
Die Beschreibung der Intrigen, die in diesem Trubel gesponnen werden, nutzt Nicola Upson zielgenau, um ganz im Stil eines klassischen Christie- oder Tey-Romans ein rundes Dutzend der Personen zu porträtieren, die als Mörderin oder Mörder in Frage kommen. Denn dass bald ein Mord geschieht, steht außer Frage. Und dass niemand anders als eine Krimi-Autorin, nämlich Josephine Tey, ihn aufklären kann, ebenso. Ein nur im Ohrensessel zu genießendes, wunderbar altmodisches Lesevergnügen!
WDR5 Bücher, 9. und 10. November 2024